Aktuelles zur OB-Wahl in Kassel
Tourismus und Gastronomie stärken
Auf einer Scala von 1 bis 10 – welchen Stellenwert hat der Tourismus hinsichtlich der weitere Stadtentwicklung Kassels aus Ihrer Sicht als zukünftiger Oberbürgermeister?
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Wie stehen Sie zum Tourismuskonzept der Stadt Kassel bis 2025 und zur „Kongressinitiative Kassel“? Welche Positionierung werden Sie hierzu einbringen?
Kassel ist bereits aufgrund seiner geografischen Lage und guten Erreichbarkeit ein herausragend prädestinierter Standort für Meetings, Kongresse und andere Großveranstaltungen. Einen Fokus darauf zu legen, Kassel in diesem Sinne auch hinsichtlich seiner Infrastruktur in Bezug auf Veranstaltungs- und Hotelstandorte weiter zu entwickeln, ist absolut sinnvoll. Insgesamt ist es gut und wichtig für Kassel, dass wir den Tourismus stärker in den Vordergrund stellen und Kassels Image als Stadt mit ausnehmend reizvollen und historisch bedeutsamen Orten und Anlagen als attraktives Reiseziel stärken. Wie die kürzlich veröffentlichte Analyse zur Innenstadt gezeigt hat, wird unsere Innenstadt schon gut angenommen. Auch hier haben wir aber weitere Verbesserungspotenziale zur Steigerung von Aufenthaltsqualität und zeitgemäßer Mobilität. Es ist weiterhin gegeben, dass wir den Erlebnisraum Innenstadt fördern und sie weiter Fokus darauf legen, sie attraktiv zu gestalten - für die Besucher*innen und die Einzelhändler*innen.
Im MICE-Tourismus fallen ca. 80 % der Veranstaltungen auf kleinere Veranstaltungssegmente bis 100 Teilnehmer. Hier besteht für Kassel Ausweitungspotenzial, insbesondere in Verbindung mit einem kulturellen Rahmenprogramm. Welche Pläne haben Sie, um Kassel als Kongressstandort wettbewerbsfähig zu machen, um mit Kongresslocations wie Barcelona, Wien oder Amsterdam mitzuhalten? (MICE-Marketing)
Kassel kann hier mit vielen Vorteilen aufwarten und hat schon eine sehr gute Grundlage:
Die sehr gute ICE-Anbindung und seine zentrale Lage in Deutschland machen Kassel attraktiv für bundesweit ausgerichtete Veranstaltungen. Die Wege in die Stadt und in der Stadt sind kurz. Mit Orten wie dem UK 14 und dem Hallenbad Ost haben wir spannende neue Locations, neben etablierten Veranstaltungsorten wie der Stadthalle heißt Congress Palais und dem Südflügel des Kulturbahnhofs. Ein an den Bedarfspotenzialen ausgerichteter Ausbau weiterer Veranstaltungsorte in dem kleineren Veranstaltungssegment ist sinnvoll und willkommen. Mit dem Kassel Convention Bureau haben wir die Bündelung von Anfragen rund um Kongresse und Tagungen, das halte ich für wichtig und für gelungen.
Für einen Standort dieser Größe haben wir ein außerordentlich dichtes kulturelles Rahmenprogramm vorzuweisen und wir können einen preislichen Rahmen anbieten, der Kassel nicht nur wettbewerbsfähig, sondern zu einer sehr attraktiven Alternative gegenüber europäischen Metropolen macht.
Die Chancen sehe ich darin, dass wir uns als nachhaltiger und klimaneutraler Standort positionieren können. Auch in der Übernachtungslandschaft, wie die neuen Hotels Hessenland und Raiffeisen zeigen, gibt es noch Potenzial.
Die Kassel Marketing GmbH muss aufgrund des (zu) geringen kommunalen Budgets seit Jahren Veranstaltungen und Feste organisieren, um ihr Personalbudget zu festigen. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass das kommunale Budget für die Kassel Marketing GmbH aus dem originären Haushalt der Stadt Kassel so angesetzt wird, dass dieses nicht mehr von vornherein defizitär ist?
Die Stadt Kassel hat ein großes Interesse an einem guten Marketing. Die dafür erforderlichen Mittel sind gut angelegtes Geld. Wichtig ist mir eine selbstbewußt angelegte Marketingstrategie. Wir sind eine weltoffene Stadt, die gerne internationale Gäste einlädt, weil sie viel zu bieten hat. Qualität im Marketing muss uns etwas wert sein und zahlt sich am Ende auch wirtschaftlich aus. Die Kassel Marketing GmbH sollte daher mit hinreichenden Mitteln ausgestattet werden, um diese Aufgaben zu erfüllen.
Können die gastgewerblichen Unternehmen darauf vertrauen, dass Sie sich gegen eine Bettensteuer aussprechen und ggf. die Einführung eines zweckgebundenen Tourismusbeitrages in Kassel zur Förderung touristischer Projekte eine Option für Sie ist?
Ja, ein Tourismusbeitrag ist für mich ein wichtiger Baustein zur Finanzierung des Stadtmarketings. Durch die Zweckbindung der Verwendung eingenommener Beiträge für den Tourismus werden für die Branche besondere Leistungsanreize geschaffen. Das Geld bleibt im System, was sinnvoll ist.
Die Hotellerie beklagt seit Jahren ein Überangebot von Hotels, was bei Anfragen für Kongresse wiederum anders wahrgenommen wird. Einige Häuser kommen in den nächsten Jahren noch hinzu. Kleine mittelständische Betriebe unterliegen dadurch einem Verdrängungswettbewerb. Die Großhotellerie hat Probleme, die Betriebe ausreichend auszulasten. Wie sehen Sie als Oberbürgermeister-Kandidat die Weiter-entwicklung des Hotelstandortes Kassel?
Die vergangenen Jahre waren durch Corona ungewöhnlich. In der Tourismuskonzeption wurde Platz für neue Hotels gesehen, mit dem Holiday Inn Express (Raiffeisen) und der Reaktivierung von Hessenland sind zwei Hotels dazugekommen. Daneben sind in den vergangenen Jahren auch Apartments von privaten Anbietern hinzugekommen. Einer am Bedarf ausgerichteten Weiterentwicklung von Hotelstandorten sehe ich positiv entgegen.
Der Gastronomie wird seit Corona und mit Blick auf die Belebung der Innenstadt eine liberalisierte Außengastronomie gewährt (Ausweitung der Flächen nach Augenmaß unter Berücksichtigung von gesetzten Regelungen, wie Freihaltung von Feuerwehrzufahrten, Behindertenwege, etc.) Werden Sie sich auch weiterhin für diesen Weg einsetzen?
Ja. Die Öffnung trägt zur Belebung der Innenstadt bei. Eine attraktive Gastronomie ist ein Baustein des Wandlungsprozesses der Innenstadt im Sinne der Nutzungsvielfalt.
Wie werden Sie das Wohnungsproblem für Auszubildende und Mitarbeiter angehen (bezahlbarer Wohnraum)? Wann wird das erste Wohnheim für Auszubildende eröffnet?
Bezahlbarer Wohnraum ist wichtig, gute Löhne ebenfalls. Hier hinken Ausbildungsberufe hinterher - was neben der sozialen Ungerechtigkeit auch einen Mangel an Bewerber*innen nach sich zieht, was den Fachkräftemangel der nächsten Jahre verstärkt.
Der Wohnungsmarkt in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren sehr dynamisch entwickelt. Preiswerte Mietwohnungen sind immer schwieriger zu finden, auch für Auszubildende. Im hessen- oder deutschlandweiten Vergleich liegen die Mieten in Kassel für Wohnungen oder WG-Zimmer allerdings noch unterhalb des Durchschnitts. Diese Statistik hilft jedoch im Einzelfall nicht immer. Auch in Kassel benötigen wir ausdrücklich mehr bezahlbaren Wohnraum. Deshalb habe ich als Stadtverordneter dem sehr ambitionierten Wohnraumversorgungskonzept zugestimmt, mit dem die Errichtung tausender neuer Wohnungen in Kassel erreicht werden soll. Es wird noch gewaltiger Anstrengungen bedürfen, diesen Wohnraum tatsächlich zu schaffen.
Ein Wohnheim für Auszubildende ist eine spannende Idee. Da wäre ich aufgeschlossen, wenn sich bspw. die DEHOGA oder ihre Betriebe als Träger zusammenschließen. Gerne können wir darüber ins Gespräch kommen.
Wie werden Sie Tourismus, Kultur und Handel enger miteinander verzahnen?
Eine effektive Vermarktung des touristischen Angebots in der Stadt durch engere Zusammenarbeit mit der umliegenden Region schaffen. Dadurch wird gleichzeitig der lokale Handel gefördert.
Die Ausweitung des Kassel-Gutscheins auf mehr kulturelle Anbieter halte ich für eine weitere gute Möglichkeit, diese Bereiche enger miteinander zu verbinden.Mir erscheint es insoweit ausgesprochen sinnvoll, Vertreter*innen beider Bereiche zusammenzubringen und gemeinsam Möglichkeiten zu erörtern.
Der Masterplan Erlebnisraum Innenstadt Kassel ist wegweisend für die Belebung der Kasseler Innenstadt. Wie können aus Ihrer Sicht zentrale Innenstadtbereiche kurzfristig attraktiviert und belebt werden?
Neben Events, wie z.B. Festen in der Innenstadt sollte unser Fokus angesichts eines veränderten Einkaufsverhaltens und dadurch entstehender Leerstände dahin gehen, Bestandsgebäude für kulturelle Nutzungen zu gewinnen. Eine Stadtbibliothek, City-Jugendzentrum, Maker-Space, Zentrum für Demokratie… Es gibt viele Ideen, die Menschen in die Innenstadt bringen. Die Schaffung weiterer Aufenthaltsqualität zum Beispiel durch Ausweitung von Fußgängerbereichen und mehr Stadtgrün und insgesamt weniger Dominanz des motorisierten Verkehrs sind wichtig für ein Wohlfühlen in der City.
Bereits länger besteht ein dringender Nachholbedarf der Stadt Kassel in Sachen Digitalisierung und Smart-City. Wir halten den Ausbau eines zeitgemäßen, digitalen Besucherlenkungssystem und ein flächendeckendes öffentliches Gratis-WLAN-Netz für dringend erforderlich. Wie wichtig ist das Thema für Sie? Unterstützen Sie ein offenes WLAN stadtseitig?
Gratis-Wlan ist ein Baustein, Kassel für Besucher*innen attraktiver zu machen. Dem stehe ich sehr aufgeschlossen gegenüber, weil es längst an der Zeit ist. An der Stelle zu diskutieren sind insbes. Fragen des Datenschutzes und der Finanzierung.
Digitale Infrastruktur zu schaffen und zu nutzen, um auch den Bereich Tourismus zeitgemäß gestalten zu können, halte ich für wichtig. In Kassel mit seinen vielen für Besucher*innen von den Hauptverkehrsstraßen aus nicht immer auf den ersten Blick erkennbaren herausragend schönen Orten, ist ein Besucherlenkungssystem sinnhaft. Visit Kassel ist hier ein guter Ansatz, der in der weiteren Entwicklung meine volle Unterstützung hat.
Werden Besucher die Innenstadt mit dem Pkw noch erreichen können, wenn weitere Hauptverkehrsachsen wie der Steinweg gesperrt oder verengt werden und die Parkhäuser um den Friedrichsplatz keine freien Plätze mehr haben? Die Corona-Pandemie hat deutlich aufgezeigt, dass ein Standort nur im Zusammenspiel Gastgewerbe, Einzelhandel, Kultur funktionieren kann. Soll der Tourismusstandort Kassel gänzlich auf diese kaufkräftigen Besucher verzichten?
Prämisse für den Verkehr ist, dass er funktioniert. Die Innenstadt wird weiter mit dem PKW erreichbar sein. Die Innenstadt wird noch attraktiver werden, wenn gewisse Schneisen zurückgebaut werden - der Steinweg entstellt in seiner Breite den Friedrichsplatz und nimmt ihm seine Attraktivität.Die Parkhäuser im Innenstadt-Bereich sind kaum ausgelastet. Ehe man etwas wegnimmt, ist es viel wichtiger, sichere und attraktive Alternativen zu schaffen - mit dem ÖPNV, Fahrrad oder zu Fuß. Dann werden es automatisch weniger Pkws im Innenstadtbereich. Grundlage für Änderungen sollte hier das Integrierte Maßnahmenpaket Mobilität sein, welches von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen wurde. Beispielsweise gibt es schon eine Zusammenarbeit der KVG und Unternehmen für eine Übernahme der Ticket-Kosten bei Übernachtung. Wer in einem Kasseler Hotel übernachtet, bekommt ein Gratis KVG-Ticket gestellt.
Was immer gilt, ist wenn wir unsere innerstädtische Mobilität (60%) besser im Hinblick zu Fuß- , Fahrrad- und öffentlichem Verkehr verlagern, steht für den Verkehr aus dem Umland ausreichend Infrastruktur auch für das Automobil zu Verfügung.
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass eine Einbindung der Wirtschaftsvertretungen in das Gastgewerbe betreffende kommunale Entscheidungen in Akzeptanz und Umsetzung zielführend war. Die Einbindung hat an vielen Stellen bereits sehr gut funktioniert, an anderen Stellen nicht. Wie würde eine Zusammenarbeit zwischen Kommune und Gastgewerbe mit Ihnen als zukünftiger Oberbürgermeister aussehen?
Ich möchte Gutes und Bewährtes fortsetzen. Ein gemeinsamer Ansatz ist mir wichtig. Zum Gespräch und zum Austausch stehe auch ich persönlich gerne bereit. Ziel ist, dass wir gemeinsam Hand in Hand gute Gastgeber sind.
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